World of Warcraft Stuff
Mittwoch, 5. August 2009
Mit einer raschen Bewegung stand sie auf, der fließende, weiche Stoff ihres langen blauen Seidenkleides raschelte um ihre Beine. Sie war fast auf Augenhöhe mit dem Mann, der vor ihr stand. Seine blankpolierte Plattenrüstung glänzte im Licht der Sonnenstrahlen, die durch das große Fenster hereinfielen. Sein Blick war fest auf sie gerichtet. Ein großes Schwert hing an seiner linken Seite, alles an ihm deutete auf seine Berufung hin: Er war ein stolzer Paladin aus Sturmwind, schon ein wenig älter, aber doch jung genug, um noch in den Kampf zu ziehen.
Die hochgewachsene blonde Frau vor ihm trug unverkennbar seine Gesichtszüge. Die gleichen blauen Augen, derselbe sture Ausdruck!
„Nein Vater, ich werde nicht zurückkommen!“
„Lorejna! Dies ist keine Bitte!“, sein Ton war scharf und er sah sie bei dem Satz durchdringend an.
„Du hast einen Schwur geleistet, also erfülle ihn. Denk daran, was du gelehrt wurdest. Du bist Sturmwinds Stolz. Du bist Lordaerons letzte Hoffnung. Du bist der Orden!“
Sie wandte den Blick ab und betrachtete gedankenverloren ihre linke Hand, an der ein Silberring mit einem schwarzen Diamanten prangte. Das Silber hatte die Form einer Schlange, die sich um ihren Ringfinger wand, der dunkle Stein wurde oben von ihrem Kopf und unten von ihrem Schwanz umfasst.
Stolz erhob sie den Blick wieder. Mit ruhiger Stimme sprach sie weiter.
„Ich kann nicht zurückkommen und das weißt du.“, sie zögerte kurz „ich möchte es auch nicht.“
Seine Gesichtszüge entglitten ihm merklich, es dauerte etwas, bis er sich wieder gefasst hatte. Noch nie hatte sie – hatte irgendjemand – es gewagt, ihm derart zu widersprechen. Ein gefährliches Funkeln trat in seine Augen. Diese Augen hatten schon viel gesehen, Elend, Verderbnis, Tod. Leise zischte er ihr zu: „Ich war dabei in den Schlachten um Lordaeron. Ich habe Freunde verloren, als sie von der schrecklichen Seuche befallen wurden.“ Er richtete sich auf und seine Stimme wurde lauter. „Sie sind durch mein Schwert gestorben, Lorejna. Sie waren meine Freunde. Es wird auch vor dir nicht Halt machen, wenn du dich in die Dunkelheit ziehen lässt. Lieber besuche ich dein Grab, als deinen Abstieg mitanzusehen.“
Erschrocken von seiner plötzlichen Brutalität trat sie einen Schritt zurück. Dennoch sah sie ihm weiter fest in die Augen.
„Abstieg“, sprach sie höhnisch, „das von dir! Ich weiß, was du vor 18 Jahren getan hast“, fuhr sie fort. „Ich weiß von – Valeria.“
Überrascht trat er einen Schritt zurück. Das hatte er nicht erwartet. Sollte das, nur das der Grund für ihren Rückzug sein? Beschwichtigend redete er auf sie ein: „Lorejna, jeder macht Fehler. Ich bin auch nur ein Mensch. Deine Mutter weiß es und hat mir verziehen. Denk darüber nach mein Kind, dann kannst auch du mir verzeihen.
Ungläubig sah sie ihn an. Er erwartete...Vergebung? Verständnis?
„Weiß sie alles?“, Lorejnas Stimme war nun tränenerstickt. „Weiß sie, dass Valerias Mutter eine Hexe war oder ihr sie zumindest dafür hieltet? Dass du ihr versprochen hast, sie würde überleben, wenn sie sich mit dir einlässt? Weiß sie, dass du sie nach der Niederkunft trotzdem hast verbrennen lassen?“
Er wurde kreidebleich. „Verstehst du nun Vater?“, sie ging noch einen Schritt auf ihn zu. „Und es war nicht nur sie, es waren hunderte, vielleicht tausende, die sterben mussten, oft ohne Beweis. Das ist nicht gerecht! Bitte geh jetzt, ich habe eine neue Berufung gefunden!“
„Was hast du vor?“, seine Stimme war kalt, auf seine Wangen traten rote Flecken. Er wollte sie nicht verlieren, aber er war bereit die nötigen Konsequenzen zu ziehen, sollte es keinen anderen Weg geben.
„Ich werde mich bei den Rittern des Argentumkreuzzugs bewerben. Sie haben die richtige Einstellung! Gegen die Geißel und sonst nichts. Egal mit wem man sich verbünden muss und seien es...Verlassene.“
„Das ist deiner, unserer nicht würdig, Lorejna!“, rief er aus und zog sein Schwert, „Ich habe keine Tochter mehr!“
Mit einem Satz sprang sie zurück und schrie auf „Nein! Du bist wahnsinnig!“ Ihre Augen weiteten sich voller Angst, sie war unbewaffnet. Sie versuchte fest, sich zu konzentrieren und dachte an ihre dunkle Freundin: „Helft mir!“ Er stürmte mit gezogenem Schwert auf sie zu. Eine schützende Blase aus Licht bildete sich um ihrem Körper. Dies würde ihn zumindest kurz abhalten. „Hebe Deine linke Hand und denke an mich“, sprach die Stimme in ihrem Kopf. „Du hast den Ring nicht ohne Grund.“. Sie tat, wie ihr geheißen wurde. Aus dem schwarzen Stein sprühte ein Regen aus Feuer, das in niederfallenden Säulen zusammentraf, die sich wie ein Käfiggitter um sie anordneten.
„Das ist...Hexerei“, keuchte er mit hervorquellenden Augen. „Das Licht wird dich verschlingen, Ausgeburt des Bösen!“
„Gleich bist du bei mir, sprach die Stimme in ihrem Kopf beruhigend. In Sicherheit!“
Dunkler Nebel trat aus dem Boden und umhüllte sie völlig, sie schloß die Augen und sprach leise zu ihm: „Wir werden uns nicht mehr wiedersehen, leb wohl, Vater!“ Innerhalb eines Augenblinzelns war sie verschwunden.
Liandra - 5. August, 05:01
Nachdenklich stand sie an der Brüstung und betrachtete die funkelnden Sterne am dunklen Nachthimmel. Hinter ihr standen in respektvollem Abstand die anderen Hexenmeister und Hexenmeisterinnen des Rates, dessen Älteste sie war. Peschevas Augen verengten sich zu dunklen Schlitzen. Diese Kleingeister...Mit Bedenken hatte sie gerechnet, aber dieser vehemente Widerstand ging ihr auf die Nerven. Sie verfluchte die Tatsache, dass sie die anderen einweihen musste. Sie blickte die Bahnen aus Sternen entlang, bis zum Horizont und dachte an die lange Reise, die sie vor sich hatte. Sie streckte die Hand aus und glaubte fast, den schwarzblauen Himmel berühren zu können. Sie lächelte leicht. Der Turm war zwar hoch, aber so hoch nun doch wieder nicht. Sie selbst, die neun anderen Ratsmitglieder und Dorormi vom Bronzenen Drachenschwarm standen auf der großen Terasse auf der Spitze des Turmes im Freien. Es war eine kalte, aber trockene Winternacht, der ein oder andere schien zu frieren. Sie drehte sich um und betrachtete mit ihren fast schwarzen Augen die Menschen vor sich und Dorormi, die heute die Gestalt einer Hochelfe angenommen hatte. Ihre dünne, nachtblaue Seidenrobe flatterte leicht im Wind, ihre langen roten Haare fielen wallend ihren Rücken herunter. Sie schien die Kälte nicht zu spüren.
„Ich muss es tun“, sprach sie leise mit dunkler Stimme, „Dorormi weiß, warum.“
Dorormi nickte ihr zu.
„Glaubt mir Sterbliche, so etwas entscheiden wir nicht leichtfertig!“
Die anderen nickten zögerlich, einer erhob sich.
„Ich bin weiterhin der Meinung, dass es leichtsinnig ist!“
Pescheva sah ihn wütend an und fragte sich, wie Marcus Brann überhaupt Ratsmitglied geworden war. Er war dumm, feige und arrogant dazu. Sie würde sich von ihm nicht aufhalten lassen.
„Morgen mache ich mich auf die Reise“, sprach sie kalt, „Lucia wird solange die Geschäfte des Rates führen.“ Sie vollführte eine kurze Handbewegung und war verschwunden.
Zitternd vor Wut stand sie in ihrem Schlafzimmer und starrte in den Spiegel. Langsam streifte sie ihren Schmuck ab. Sie legte das Siegel des Hexerrats, einen auffälligen Rubin und den silbernen Schlangenring mit dem schwarzen Diamanten der sie mit Lorejna verband vorsichtig in ihre Schatulle. Diese Stücke mussten hierbleiben. Sie nahm stattdessen einen dünnen, alten Goldreif mit einem kleinen blauen Schmuckstein heraus. Dieser hier sollte ihr Glücksbringer sein. Sie streifte ihn über ihren rechten Ringfinger und betrachtete sich weiter im Spiegel. Ihre eigenen Augen waren inzwischen pechschwarz, fast hatte sie selbst ein wenig Angst davor. Gut so...sollten die anderen sie nur fürchten – ihr Mund formte sich zu einem teuflischen Grinsen. Sie ging zu ihrem Schrank und suchte den alten, mittlerweile etwas schäbigen dünnen Holzstab hervor. Den würde sie auf jeden Fall brauchen. Sie legte ihn vorsichtig auf ihre Kommode.
„Lorejna, ich brauche dich“, flüsterte sie. Nach einigen Minuten klopfte es an der Tür und nach ihrer Erlaubnis betrat Lorejna das Schlafzimmer.
„Du musst packen, es ist soweit, ich werde ich abreisen.“ Sie zeigte auf die Kommode, „Der Stab muss mit“, sie lächelte leicht, „ebenso ein paar schlichte Kleider. Morgen Früh bist du fertig!“
Eiligen Schrittes verließ sie den Raum und ging den dunklen Flur entlang. Ihre Füße versanken fast in dem dicken roten Teppich. Sie entzündete kein Licht, und tastete sich langsam zur Tür am Ende des Korridors vor. Langsam, um ihn nicht zu wecken, drückte sie die Klinke hinunter und öffnete die Tür einen Spalt weit. Er hatte noch Licht. Mit einem verführerischen Lächeln betrat sie den Raum. Er saß an seinem Schreibtisch über ein Buch gebeugt und studierte es aufmerksam. Leise trat sie näher und beugte sich über seinen Nacken. Er spürte ihren warmen Atem und drehte sich mit einem Lächeln zu ihr um. „Ist es schon so spät meine Liebe?“, er hob die Hand und strich sanft über ihre Wange.
„Nein, aber ich werde morgen sehr früh abreisen. Ich wollte dich noch einmal sehen!“
„Du sagst mir nicht, wohin oder?“
„Nein Liebster“, sie versiegelte seine Lippen mit einem Kuss und zerwühlte seine kurzen, dunklen Haare.
Er zog sie vorsichtig von sich und stand auf. „Dann lass uns die Nacht zusammen verbringen.“ Er ergriff ihre Hand und zog sie zu seinem großen Bett. Sie setzte sich neben ihn und sah ihm tief in die Augen. Leise flüsterte sie: „Es ist schön, dass du immer bei mir bist.“ Er lächelte ihr zu. „Natürlich bin ich das“, antwortete er liebevoll und nahm sie wieder in den Arm.
Am nächsten Morgen erhob sie sich früh, die Sonne war noch nicht aufgegangen. Er lag neben ihr und schlief fest. Sie strich ein letztes Mal durch sein Haar, über sein Gesicht und küsste ihn leicht auf die Stirn. „Auf Wiedersehen“, flüsterte sie und verließ eilig das Zimmer.
In ihrem eigenen Raum stand ihr Reisegepäck schon bereit. Von Lorejna war keine Spur zu sehen. Vielleicht war es besser so. Sie kleidete sich zügig an, dieses Mal in eine etwas ältere Robe, die mit einem hübschen Blättermuster verziert war. Sie zog die Kapuze ihres Umhangs tief ins Gesicht, ergriff ihr Gepäck und verließ leise das Haus. Dorormi erwartete sie schon, geduldig lächelnd saß auf der kleinen Holzbank im Hof. Pescheva trat vor sie und verbeugte sich tief.
„Ich bin bereit!“, flüsterte sie.
Dorormi lächelte und ergriff ihre Hand. „Ich weiß Kind, ich weiß. Schließ die Augen.“
Dorormi bewegte kurz die Hand und Pescheva glaubte, den Boden unter den Füßen weggerissen zu bekommen. Plötzlich wurde es warm um sie herum, sie sah Sonnenlicht durch ihre geschlossenen Augenlieder scheinen. Sie öffnete die Augen und sah sich neugierig um. Sie stand mitten in der Wüste von Tanaris.
Dorormi fasst sie am Arm. „Wir sind bei den Höhlen der Zeit. Hier wird die Reise beginnen und enden. Wann auch immer du zurückkehren wolltest, ich war für dich da!“, sprach sie mit rätselhafter Stimme. „Komm einfach an diesen Ort, wenn es soweit gewesen sein wird!“
Pescheva nickte leicht. „Ich danke Euch, Dorormi, dass Ihr mir bei dieser Angelegenheit helft“, sie neigte leicht den Kopf, „Ich weiß, dass dies nicht selbstverständlich ist und ich kenne die Regeln.“
Dorormi nickte ihr zu. „Ich werde jetzt das Portal für dich öffnen, wir werden uns gesehen haben!“.
Sie bewegte ihre Hände und sprach ein paar unverständliche Worte. Vor ihr öffnete sich ein blauer Sog, der in die Unendlichkeit zu führen schien. Pescheva trat auf das Portal zu und streckte langsam die Hand aus.
„Geh nun“, flüsterte Dorormi, „ich kann es nicht ewig offenhalten“, sie kicherte plötzlich, „obwohl – in gewisser Weise schon. Wenn man bedenkt dass, ... Ach geh einfach!“ Sie schien über irgendetwas sehr erheitert, das wohl über den menschlichen Verstand hinaus ging. Pescheva lächelte leicht. „Drachen“, dachte sie. Sie trat noch einen Schritt auf das Portal zu, schloss ihre Augen und sprang hinein.
Liandra - 5. August, 05:01
Es ist sehr still in dem kleinen gemütlichen Raum im obersten Stock des Gasthauses. Man hört nur das Kratzen einer Feder, als eine junge Frau in ein samteingeschlagenes Büchlein schreibt. Langsam füllen sich die Seiten mit ihrer hohen, eleganten Schrift.
"Ich bin nicht sicher, ob ich ihn lieben kann, doch das möchte wohl niemand verstehen. Ist man wie ich geboren und erzogen, so wird eine blinde Verliebtheit in vollem Rausch wohl niemals möglich sein. Wenn man durch eine Liebe so verletzt werden kann, so sollte man es vielleicht einfach nicht wagen."
Ihre blauen Augen schweifen ab, sie sieht gedankenverloren zum Fenster hinaus. Wo er wohl sein mag? Ihre hochgewachsene Gestalt lehnt sich gegen die Wand, an der das Bett steht. Gedankenverloren spielt sie mit einer ihrer blonden Locken, die aus der eleganten Hochsteckfrisur herausgefallen ist. Mit ihren schlanken Fingern ergreift sie die Feder wieder und fährt fort:
"Sie hingegen war in den letzten beiden Tagen bedeutend liebenswürdiger als vorher, doch ich muss zugeben dass mich das selbst etwas ängstigt, doch gleichzeitig freue ich mich natürlich. Vielleicht ist ihr Inneres doch heller, als man vermuten mag. Wenn sie wüsste, dass ich...NEIN - hier darf und kann ich nicht weiter schreiben! Allein der Gedanke! Das Licht steh mir bei!"
Liandra - 5. August, 04:58
Der Bibliothekar beugte sich interessiert über das Buch, dass die junge Frau ihm zeigte und betrachtete die Zeichnung. Er zuckte etwas hilflos mit den Schultern.
"Ich weiß auch nicht, was es darstellen soll, Schwester und der Text dazu ist verschwunden", er deutete auf die Stelle, wo offensichtlich jemand zwei Seiten herausgerissen hatte.
Die schlanke, hochgewachsene Frau zuckte bei der Bezeichnung "Schwester" leicht zusammen und seufzte leise, fast unmerklich. Er schüttelte ein wenig den Kopf und sprach leise weiter: "Du wirst immer eine Schwester des Ordens sein, egal was passiert!" Sie legte den Kopf etwas schief und sah ihn merklich gerührt an. "Ja alter Freund, für Euch vielleicht, doch andere..." sie stockte und wendete sich wieder dem Buch zu.
Er betrachtete sie nachdenklich und dachte, wie hübsch sie geworden war. Ihre blonden, hochgesteckten Locken betonten den langen weißen Hals, ihre Augen schienen seit einiger Zeit von einem so klaren blau, wie man es sonst nur am Himmel sehen kann. Mit ihrer feingliedrigen Hand strich sie über das Papier, ihre Bewegung schien so...perfekt.
Sie flüsterte leise: "Es ist wunderschön." Er schüttelte leicht den Kopf. "Schönheit liegt im Auge des Betrachters meine Teuerste, aber bei diesem Werk", er zeigte auf das Bild", vermag ich nicht verstehen, wie irgendjemand es für schön empfinden kann. Es ist mehr - erschreckend."
Er war dennoch gefesselt von der Zeichnung einer scheinbar alterslosen Frau in einem weißen, fließenden Gewand. Sie stand still vor einem See. Erschreckend waren die beiden großen, schwarzen Schlangen, die sich in gegenübergesetzter Synchronie um ihren Körper wanden, von den Füßen bis hoch zu ihren Schultern, auf die je eine Schlange ihren Kopf gelegt hatte. Die Augen der Schlangen waren leuchtend rot, während die der Frau in einem verwässerten blau gehalten waren. Sie schienen gleichzeitig so leer und doch extatisch und sahen den Betrachter direkt an. Nein - er konnte nichts Schönes an diesem Bild finden.
Er legte Lorejna, ihren Nachnamen trug sie nicht mehr, auch wenn er nicht wusste, warum, die Hand auf die Schulter. "Sicher war es nur eine Sage, ein Märchen, das dort stand. Vergiss es einfach! Es gibt im Moment wirklich wichtigere Dinge, für unseren Orden!"
Ja, auch er, der Bibliothekar war ein Paladin, selbst wenn er sich wegen seiner Beinverletzung aus dem aktiveren Dienst hatte zurückziehen müssen. Und auch die junge Frau, würde immer eine Paladina für ihn sein, gleich was der Orden oder ihr Vater sagten, gleich welchen Weg sie auch eingegangen war. Sie würde zurückfinden, dessen war er sich sicher.
Sie drehte sich ernst zu ihm um: "Sprich nicht vom Orden, bitte!" Mit einem traurigen Lächeln klappte sie das Buch zu und reichte es ihm zurück. "Trotzdem habt ihr Recht, es gibt andere Dinge zu tun. Gehabt Euch wohl!" Sie verbeugte sich respektvoll und verließ schnellen Schrittes die Bibliothek. Er sah ihr kopfschüttelnd nach. "Kleine Lori", murmelte er, "ich hoffe du findest bald zu uns zurück!"
Draußen angekommen lehnte sie sich an die Wand und sah sich vorsichtig um, welche Paladine in der Nähe waren. Als sie weiterging, kroch langsam eine schwarze Schlange unter ihrem Kleid hervor und folgte ihr mit einem Zischeln.
Liandra - 5. August, 04:58
Angsterfüllt sah er die übergroße Gestalt, die ganz verhüllt vor ihm stand. Ihre Hand, die so groß war, wie sein ganzer Oberkörper berührte seine Stirn mit der Fingerspitze des rechten Zeigefingers. Dunkler Nebel floss von seinem Kopf zu ihr.
"Nein", wimmerte er, "nehmt mir nicht...alles".
Die Gestalt lachte nur und sog weiter alle seine Erinnerungen, seine Gedanken, seine Gefühle aus ihm heraus. Er wurde schwächer und schwächer, bis er irgendwann fast ohnmächtig zu Boden fiel. Er wusste nichteinmal mehr seinen Namen. Starr blickte er auf die Fliese, auf der sein Kopf lag. Er bemerkte einen kleinen, schwarzen Fleck. Der Kitt war auch ein wenig bröselig. Seltsam, was einem in so einem Moment auffällt!
"Nun bist du nur noch ein Schatten deiner selbst", hörte er die unheimliche, unmenschliche Stimme von oben. "Ohne Namen, ohne Persönlichkeit, perfekt für meine Zwecke!" Sie entschwand langsam mit einen bösen Lachen, das einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Er rührte sich nicht. Eine Träne zwängte sich aus seinem Auge und fiel auf den Boden "Bitte nicht...", keuchte er und sackte zusammen.
Schreiend fuhr er hoch, am ganzen Körper schweißgebadet. Der 1,90 große, schwarzhaarige und muskulöse Mann saß wie erstarrt in seinem Bett. Es war nur ein Traum gewesen, oder? Seine blauen Augen, die stets wachsam alles beobachteten schweiften durch das in Mondlicht gebadete Zimmer. Er war allein. Er...der...stockend versuchte er sich, seines Namens zu erinnern. Nur noch bruchstückhaft wusste er, was am Abend zuvor geschehen war. Nur an den Traum erinnerte er sich scharf und überdeutlich, aber das war nur ein Traum! Wer war er? Wo war er? Er betrachtete sich im Spiegel und sah das markante Gesicht mit den langen schwarzen Haaren, das auf einmal so fremd wirkte. "Wer bin ich?", fragte er leise sein Spiegelbild. Er wusch sein schweißüberströmtes Gesicht mit etwas klarem Wasser und legte sich wieder ins Bett, doch an Schlaf war in dieser Nacht nicht mehr zu denken.
Sobald die Sonne ihre ersten Strahlen zeigte, rief sie schon. Eilig machte er sich auf den Weg zu seiner dunklen Herrin. Er, der namenlose Schatten.
Liandra - 5. August, 04:57
"Was wollt Ihr über sie wissen?", Lorejna lächelte den fremden Neuankömmling an. "Ihr werdet schon erwartet, geht einfach ins Haus und Ihr werdet sie finden. Selbst bei einem Fest mit über 100 Gästen wie hier könnt Ihr SIE eigentlich nicht übersehen!"
Der Fremde zögerte etwas
"Nungut, ich helfe Euch etwas", fuhr sie freundlich fort und lachte leicht. "Die Dame, die Ihr sucht ist ungefähr Mitte Zwanzig, wie Ihr sicher schon wisst. Sie ist ungefähr 1,70 m groß, also etwas kleiner als ich. Ihre Haare schimmern rötlich und sie hat sie, wie so oft, zu einem Zopf zusammen gebunden. Heute, wie auch sonst, ist sie natürlich in eine geschmackvoll ausgewählte Robe gekleidet. Ihre Augen sind blaugrau", Lorenja stockte kurz und blickt den Fremden prüfend an. Sehr leise, fast flüsternd, fuhr sie fort: "Jemand wie Ihr, sieht vielleicht den dunklen Schatten darin", sie lächelte und legte den Finger an die Lippen.
Der Fremde nickte ihr kurz zu und mischte sich unter die anderen Gäste. Er erkannte SIE sofort und ging langsam auf sie zu. Als er sie näher betrachtete, fielen ihm sofort ihre Gesichtszüge auf, die eher weich wirkten und nicht erahnen ließen, was tatsächlich in ihr vorging. Doch er wusste es besser. Umringt von Damen der guten Gesellschaft wirkte sie wie eine von ihnen, doch er kannte die Wahrheit um ihre Herkunft.
Wirklich heraus stach sie durch den langen dünnen Holzstab, den sie stets mitsich trug und nicht ablegen wollte. Sicherlich sehr unangewöhnlich für ein Tanzfest, doch ihr ließ man diese Laune gerne durchgehen. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen, ob sie neben Lorejna, die oft bei ihr war, auch den namenlosen Schatten mitgebracht hatte und tatsächlich erblickte er den muskulösen Mann, wie er sich halb verborgen in einer Ecke an die Wand lehnte und beobachtete.
Liandra - 5. August, 04:55